Alphabet Workers Union – Die Geschichte der Google-Gewerkschaft

Die Alphabet Workers Union (AWU), auch informell als Google Union bezeichnet, ist eine amerikanische Gewerkschaft, deren Mitglieder bei Alphabet Inc., dem Mutterunternehmen von Google, beschäftigt sind. Die Gewerkschaft zählt über 800 Mitglieder, wobei Google in den Vereinigten Staaten 130.000 Angestellte zählt (Zeitarbeiter, Auftragnehmer und Lieferanten nicht mitgerechnet).

Gründung

Ihre Gründung wurde am 4. Januar 2021 bekannt gegeben, zu Beginn zählte sie bereits über 400 Mitglieder. Dies erfolgte nach über einem Jahr geheimer Organisationsarbeit und schließt alle Arten von Beschäftigten bei Alphabet ein, darunter Vollzeitkräfte, Zeitarbeiter, Lieferanten und Auftragnehmer aller Berufsgruppen.

Die AWU wird sowohl als Minderheitsgewerkschaft als auch als Solidaritätsgewerkschaft bezeichnet. Sie ist nicht beim National Labor Relations Board (NLRB) registriert und kann in der Regel keine Tarifverhandlungen führen. Im März 2022 erhielten jedoch erstmals Subunternehmer von Google Fiber als erste innerhalb der AWU die Anerkennung durch die NLRB.

Die AWU ist Teil der Campaign to Organize Digital Employees, einer Initiative zur Gründung von Gewerkschaften in Technologieunternehmen.

Recht auf Wasser am Arbeitsplatz

Alphabet Workers Google Gewerkschaft

Am 4. Februar 2021 brachten Gewerkschaftsmitglieder ihre Unterstützung für die Beschäftigten des Rechenzentrums zum Ausdruck, zu denen auch Shannon Wait gehörte, welche über Fremdfirmen angestellt war und das Recht auf Wasser am Arbeitsplatz forderte sowie Löhne und andere Arbeitsbedingungen kritisierte. Daraufhin wurde Wait von dem Unternehmen suspendiert, wogegen die AWU mit einer Klage protestierte.

Am 10. Februar 2021 gab die AWU bekannt, dass Wait auf Druck der Gewerkschaft wieder zur Arbeit gehen durfte.

Weitere Ziele der Alphabet Workers

Die Mitglieder der AWU haben grundsätzlich erklärt, dass ihre Gewerkschaft für die Verbesserung der Löhne der Beschäftigten kämpft, gegen Missbrauch, Vergeltungsmaßnahmen und Diskriminierung vorgeht und sich für benachteiligte Beschäftigte bei Google, wie z. B. Auftragnehmer, einsetzt. Darüber hinaus kämpfen sie aktiv gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und setzen sich dafür ein, dass Google auf seinen Social-Media-Plattformen wie YouTube keine White Supremacy-Positionen (bzw. rechten Extremismus im Allgemeinen) zulässt.

Die Gewerkschaftsmitglieder haben zudem argumentiert, dass Alphabet in der Lage sei, aus Profitgründen unrechtmäßig zu handeln, und dass die Gründung einer Gewerkschaft es den Arbeitnehmern ermöglicht, die Welt besser zu machen, indem sie Druck auf das Unternehmen ausüben, damit es seine Bad Practices einstellt und sicherstellt, dass die Arbeitskräfte im Tech-Bereich für vernünftige Zwecke („good purposes“) eingesetzt werden. Gewerkschaftsmitglieder haben auch geäußert, dass das Unternehmen Vergeltungsmaßnahmen gegen Beschäftigte ergriffen hat, die sich kritisch geäußert haben, und dass die gewerkschaftliche Organisierung es den Beschäftigten nun ermöglicht, ein Mitspracherecht zu haben.

Kann Google für die Behandlung seiner SubunternehmeR haftbar gemacht werden?

Ein Urteil des NLRB im März 2023 über die Haftung von Google in gemeinsamen Arbeitsverhältnissen würde bedeuten, dass Google direkt für die Behandlung seiner Subunternehmer haftbar gemacht werden könnte. Im April 2023 stimmten 40 Beschäftigte des Youtube-Subunternehmers Cognizant für die Gründung der Youtube Music Union. Das bedeutet, dass Google künftig mit ihnen verhandeln müsste, obwohl sie direkt bei Cognizant angestellt sind.

Vorgeschichte: „Hi, I’m not at my desk“

Flugblatt Google Proteste stilisiert

Am 1. November 2018 beteiligten sich mehr als 20.000 Google-Mitarbeiter an einer weltweiten Arbeitsniederlegung, um gegen den Umgang des Unternehmens mit Fällen von sexueller Belästigung und anderen Missständen zu protestieren.

Der Protest fand eine Woche nach einem Bericht der New York Times statt, in dem bekannt wurde, dass Andy Rubin (ehem. Vice President of Engineering) eine Abfindung in Höhe von 90 Millionen Dollar erhalten hatte, obwohl er aufgrund von Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens zum Rücktritt aufgefordert worden war, sowie andere Führungskräfte, denen ähnliche Vorwürfe gemacht wurden und die ebenfalls Abfindungen erhielten.

Die Planung des Streiks erfolgte in weniger als drei Tagen, und der Protest dauerte eine halbe Stunde. Die Mitarbeiter forderten fünf konkrete Änderungen vom Unternehmen:

  • ein Ende der Zwangsschlichtung,
  • eine Verpflichtung zur Beendigung der Lohnungleichheit,
  • einen transparenten Bericht über sexuelle Belästigung,
  • ein inklusives Verfahren für die Meldung von sexuellem Fehlverhalten und die Ernennung des Chief of Diversity zum direkten Vorgesetzten des CEO sowie
  • die Einrichtung eines Arbeitnehmervertreters.

Ein Großteil der bekannten Organisatoren hat das Unternehmen seit der Arbeitsniederlegung verlassen, und viele Verbliebene äußerten weiterhin ihre Bedenken gegenüber ihrem Arbeitgeber. Eine Organisatorin des Walkouts, Tanuja Gupta, arbeitete in einer Gruppe namens „Googlers for Ending Force of Arbitration“ (Googler für die Beendigung der Schlichtungsgewalt), die dazu beitrug, dass das Thema der sexuellen Übergriffe an Dynamik gewann.

Die streikenden Arbeiter verwendeten ein Flugblatt mit der Aufschrift:

Hi. I’m not at my desk because I’m walking out in solidarity with other Googlers and contractors to protest sexual harassment, misconduct, lack of transparency, and a workplace culture that’s not working for everyone. I’ll be back at my desk later. I walked out for real change.

Zitiert nach Sharon Florentine: Google workers hold sit-in to protest retaliation, Cio.com vom 03. Mai 2019, abgerufen am 30. Januar 2024

Eigene Übersetzung:

Hallo. Ich bin nicht an meinem Schreibtisch, weil ich in Solidarität mit anderen Googlern und Auftragnehmern streike, um gegen sexuelle Belästigung, Fehlverhalten, mangelnde Transparenz und eine Arbeitsplatzkultur zu protestieren, die nicht für alle funktioniert. Ich werde später wieder an meinen Schreibtisch zurückkehren. Ich bin für echte Veränderungen auf die Straße gegangen.

Verglichen mit einem Lokführerstreik der GDL also eher ein Streikchen, aber der gewerkschaftliche Organisierungsgrad ist in den USA (nicht nur bei Google) deutlich geringer als in Deutschland oder Frankreich.

Google stimmte schließlich zu, die Zwangsschlichtung zu beenden und einen privaten Bericht über sexuelle Übergriffe zu erstellen, hat aber keine weiteren Einzelheiten zu den anderen Forderungen genannt.


Das Vorgehen gegen Gewerkschaften

Die Tech Workers Coalition richtete während der Google-Walkouts eine Hotline für Vergeltungsmaßnahmen für Beschäftigte ein, die wegen ihrer Teilnahme mit Repressalien zu rechnen hatten.

Zwei der Organisatorinnen der Google-Walkouts, Claire Stapleton und Meredith Whittaker, behaupteten, Google habe nach den Google-Walkouts Vergeltungsmaßnahmen gegen sie ergriffen, indem es versucht habe, sie zu entlassen oder zu degradieren. Sie organisierten am 1. Mai 2019, dem Internationalen Tag der Arbeit, ein Sit-in. Bis Juli 2019 hatten vier der sieben Organisatorinnen, darunter Stapleton und Whittaker, das Unternehmen verlassen.

Ende 2019 leitete die NLRB eine Untersuchung der Entlassung von vier Google-Mitarbeitern wegen ihrer Bemühungen um eine gewerkschaftliche Organisierung ein. Ende 2020 reichte die NLRB im Anschluss an die Untersuchung eine Beschwerde ein, in der sie feststellte, dass die entlassenen Mitarbeiter für keinerlei Fehlverhalten verantwortlich waren, und Google beschuldigte, „Kündigungen und Einschüchterungen vorzunehmen, um den Aktivismus am Arbeitsplatz zu unterdrücken“. Sie beschuldigte Google auch der unrechtmäßigen Überwachung, weil es auf die Kalender der Mitarbeiter und andere interne Dokumente zugegriffen habe.

Fazit

Einige der gestellten Forderungen wurden letztlich erfüllt oder zumindest teilweise erfüllt. Viele der Antworten von Google beinhalteten die Wiederholung der Verpflichtung zu früheren Diversitätszielen und die Verbesserung des Verfahrens zur Meldung von Belästigungen. Die beiden Beschlüsse, die den Forderungen der Mitarbeiter am nächsten kamen, waren die Veröffentlichung von Fällen sexueller Übergriffe, obwohl sich das Unternehmen wie oben erwähnt für einen privaten, internen Bericht statt eines öffentlichen entschied. Im Februar 2019 kündigte Google das Ende der kritisierten Zwangsschlichtung für alle Ansprüche der Mitarbeiter an.

Links

Hauptquellen dieses Beitrags sind Übersetzungen mehrerer englischsprachiger Wikipediaartikel, die nach der Übersetzung weiter bearbeitet und mit eigenen Aussagen ergänzt wurden.

Weitere Quellen:

  • Sharon Florentine: Google workers hold sit-in to protest retaliation, Cio.com vom 03. Mai 2019, abgerufen am 30. Januar 2024 (enthält den Auszug aus dem oben zitierten Flugblatt)

Alphabet Workers Union:

Alphabet Inc.

Die Illustrationen wurden durch eine kombinierte Verwendung von DALL-E und einem Grafikprogramm erstellt, sie zeigen keine Nachbildungen realer Ereignisse. Die Verwendung von Logos dient der Illustration und nicht um eine Verbindung des Verfassers zu einem Unternehmen zu behaupten.

Weitere Beiträge:

 Thomas Löding, 30. Januar 2024