ALTERNATIVE BEZEICHNUNGEN
- Beidhändigkeit in Organisationen
- Organisatorische Dualität
- Ambidextrous Organization
WAS IST AMBIDEXTRIE?
Definition: Ambidextrie bezeichnet in der Organisationslehre die Fähigkeit einer Organisation, sowohl bestehende Kernkompetenzen zu optimieren als auch neue Möglichkeiten und Innovationen zu erforschen. Dieser Ansatz erfordert ein Gleichgewicht zwischen Effizienz in bestehenden Geschäftsprozessen (Exploitation) und der Erforschung neuer Geschäftsmodelle und Technologien (Exploration). Ambidextrie wird als Schlüsselfaktor für langfristigen Unternehmenserfolg in einem sich schnell verändernden Marktumfeld angesehen.
ERKLÄRUNG
Der Begriff Ambidextrie kommt ursprünglich aus der Biologie und bedeutet „Beidhändigkeit“. Übertragen auf die Unternehmenswelt bedeutet es, dass eine Organisation in der Lage ist, gleichzeitig zwei unterschiedliche, aber komplementäre Strategien zu verfolgen. Exploitation umfasst die Optimierung und Verbesserung der bestehenden Geschäftsprozesse, Produkte und Dienstleistungen. Hier liegt der Fokus auf Effizienz, Kostenreduktion und kurzfristigen Gewinnen. Exploration hingegen konzentriert sich auf die Erforschung neuer Möglichkeiten, Innovationen und das Erschließen neuer Märkte, was oft mit höheren Risiken und Unsicherheiten verbunden ist.
Aspekt | Exploitation | Exploration |
---|---|---|
Fokus | Effizienz, Optimierung | Innovation, Risikobereitschaft |
Zeitrahmen | kurzfristig | langfristig |
Risiko | niedrig | hoch |
Ziel | Bestehendes verbessern | Neues schaffen |
Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, eine Balance zwischen diesen beiden Ansätzen zu finden. Zu viel Fokus auf Exploitation kann zur Stagnation und zum Verlust von Innovationsfähigkeit führen, während zu viel Exploration Ressourcen verzehren kann, ohne kurzfristige Erträge zu liefern. Erfolgreiche ambidextre Organisationen schaffen Strukturen und Kulturen, die beide Ansätze unterstützen. Sie fördern eine Kultur der kontinuierlichen Innovation und des unternehmerischen Denkens, während sie gleichzeitig effiziente Geschäftsprozesse und -praktiken aufrechterhalten.
STRUKTURELLE UND KONTEXTUELLE AMBIDEXTRIE
Strukturelle Ambidextrie bezieht sich auf die organisatorische Trennung von Einheiten, die auf Exploitation bzw. Exploration fokussiert sind. Dies ermöglicht es Organisationen, Ressourcen und Prozesse so zu allozieren, dass beide Strategien effektiv verfolgt werden können, ohne dass die eine die andere beeinträchtigt. Zum Beispiel kann ein Unternehmen separate Abteilungen für die Entwicklung neuer Technologien und für die Verbesserung bestehender Produkte einrichten. Kontextuelle Ambidextrie hingegen basiert auf der Fähigkeit der Mitarbeiter, selbst zu entscheiden, wann sie sich auf Exploitation oder Exploration konzentrieren. Diese Flexibilität erfordert eine starke Unternehmenskultur und ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortung.
FÖRDERUNG DER AMBIDEXTRIE IN UNTERNEHMEN
Um Ambidextrie zu fördern, müssen Unternehmen ein Umfeld schaffen, das sowohl innovative Exploration als auch effiziente Exploitation unterstützt. Dies beinhaltet oft die Implementierung von agilen Arbeitsmethoden, die Förderung von unternehmerischem Denken und die Bereitstellung von Ressourcen für Innovation, ohne die bestehenden Geschäftsprozesse zu vernachlässigen. Leadership spielt eine entscheidende Rolle, indem es eine Vision vermittelt, die den Wert von Ambidextrie hervorhebt, und indem es Strukturen schafft, die Mitarbeitern die Freiheit geben, neue Ideen zu erforschen. Wichtig ist auch, ein Gleichgewicht zwischen kurzfristigen Zielen und langfristigen Innovationszielen zu finden, um nachhaltigen Erfolg zu sichern.
ALLGEMEINE BEISPIELE
- Ein Technologieunternehmen investiert einerseits in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte, behält aber gleichzeitig seine bestehenden erfolgreichen Produktlinien bei und verbessert diese kontinuierlich.
- Ein Einzelhandelskonzern betreibt sowohl traditionelle Ladengeschäfte (Exploitation) als auch einen aggressiv wachsenden Online-Handelszweig (Exploration), um neue Kunden zu erreichen.
- Ein Automobilhersteller produziert weiterhin bewährte Verbrennungsmotoren, während er gleichzeitig massiv in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und nachhaltigen Technologien investiert.
BEISPIELE BEKANNTER UNTERNEHMEN
Unternehmen | Branche | Umgesetzte Strategie | Ergebnis |
---|---|---|---|
TechInnovate | Technologie | Einführung agiler Entwicklungsmethoden neben dem Kerngeschäft | Schnellere Produktentwicklung und Erschließung neuer Märkte |
RetailGlobal | Einzelhandel | Ausweitung des Online-Handels bei Optimierung der Ladengeschäfte | Umsatzsteigerung in beiden Bereichen und verbesserte Kundenreichweite |
AutoFuture | Automobil | Parallelentwicklung von Elektrofahrzeugen und Verbesserung bestehender Modelle | Marktführerschaft in der Elektromobilität bei stabilem Kerngeschäft |
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FAQ
1. Was versteht man unter Ambidextrie?
Ambidextrie bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation, effizient bestehende Kernkompetenzen zu nutzen (Exploitation) und gleichzeitig neue Möglichkeiten und Innovationen zu erforschen (Exploration). Dies ermöglicht es Unternehmen, langfristig wettbewerbsfähig und erfolgreich zu sein.
2. Warum ist Ambidextrie wichtig für Unternehmen?
In einem sich schnell verändernden Marktumfeld ist Ambidextrie wichtig, da sie Unternehmen ermöglicht, sowohl ihre aktuellen Geschäftsmodelle zu optimieren als auch proaktiv nach neuen Wachstumschancen zu suchen. Dadurch können sie auf kurzfristige Marktanforderungen reagieren und gleichzeitig für zukünftige Entwicklungen gerüstet sein.
3. Wie erreichen Unternehmen Ambidextrie?
Unternehmen erreichen Ambidextrie durch die Implementierung von Strukturen und Prozessen, die sowohl Exploitation als auch Exploration unterstützen. Dies kann durch die Schaffung separater Teams oder Einheiten, die Förderung einer Kultur des Lernens und der Anpassung sowie durch agile Managementpraktiken geschehen.
4. Was sind die Herausforderungen bei der Implementierung von Ambidextrie?
Eine der größten Herausforderungen ist die Balance zwischen Exploitation und Exploration, da Ressourcen begrenzt sind und die Konzentration auf das eine oft zulasten des anderen geht. Zudem erfordert die Implementierung von Ambidextrie oft einen Kulturwandel und eine Anpassung der Führungsstile.
5. Können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ebenfalls ambidextr sein?
Ja, KMU können ebenfalls ambidextr sein. Tatsächlich ermöglicht ihre oft größere Flexibilität und Agilität ihnen, schneller auf Veränderungen zu reagieren und Innovationen voranzutreiben. KMU müssen allerdings ihre Ressourcen geschickt einsetzen, um sowohl Exploitation als auch Exploration effektiv zu managen.
6. Wie unterscheiden sich strukturelle und kontextuelle Ambidextrie?
Strukturelle Ambidextrie bezieht sich auf die organisatorische Trennung von Einheiten, die jeweils auf Exploitation oder Exploration fokussiert sind. Kontextuelle Ambidextrie hingegen ermöglicht es allen Einheiten der Organisation, je nach Situation zwischen Exploitation und Exploration zu wechseln, basierend auf der Kultur und den Rahmenbedingungen des Unternehmens.
7. Welche Rolle spielt die Führung bei der Förderung von Ambidextrie?
Die Führung spielt eine entscheidende Rolle, indem sie eine Vision vermittelt, die die Bedeutung von Ambidextrie hervorhebt, die notwendigen Ressourcen bereitstellt und eine Kultur fördert, die sowohl Innovation als auch Effizienz unterstützt. Führungskräfte müssen zudem in der Lage sein, ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Anforderungen von Exploitation und Exploration zu managen.
8. Kann Ambidextrie in jeder Branche angewendet werden?
Prinzipiell kann Ambidextrie in jeder Branche angewendet werden, allerdings variiert die Art und Weise ihrer Implementierung je nach den spezifischen Herausforderungen und Möglichkeiten der jeweiligen Branche. In dynamischen und stark wettbewerbsorientierten Branchen ist sie besonders wichtig.
9. Wie messen Unternehmen den Erfolg ihrer Ambidextrie-Bemühungen?
Der Erfolg von Ambidextrie-Bemühungen kann durch eine Reihe von Kennzahlen gemessen werden, darunter die Balance zwischen kurzfristigen Gewinnen und langfristigen Investitionen in Innovation, die Anzahl und Qualität neuer Produkte oder Dienstleistungen, die Markteinführungszeit und die Mitarbeiterzufriedenheit.
10. Können traditionelle Organisationen zu ambidextren Organisationen transformiert werden?
Ja, traditionelle Organisationen können durch strategische Planung, kulturelle Anpassungen und die Einführung geeigneter Managementpraktiken zu ambidextren Organisationen transformiert werden. Dieser Prozess erfordert Engagement, Zeit und die Bereitschaft, bestehende Strukturen und Prozesse zu überdenken und anzupassen.
LINKS ZUM THEMA
- Seite „Organisationale Ambidextrie“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Juli 2023, 10:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Organisationale_Ambidextrie&oldid=235762039 (Abgerufen: 17. Januar 2024, 14:26 UTC)
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
- Raisch, S./ Birkinshaw, J./ Gilbert Probst et al. (2009): Organizational Ambidexterity: Balancing Exploitation and Exploration for Sustained Performance. In: Organization Science. 20. Jg., Nr. 4, S. 685–695.
- O’Reilly III, C. A./ Tushman, M. L. (2008): Ambidexterity as a dynamic capability: Resolving the innovator’s dilemma. Research in Organizational Behavior 28 (2008) 185–206.
- Proff, H. et al. (Hrsg.) (2012): Zukünftige Entwicklungen in der Mobilität, Wiesbaden.
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Verfasst von Thomas Löding, zuletzt aktualisiert am 18. März 2024